Seit vielen Jahren erstelle ich Deviationstabellen auf unterschiedlichen Segelyachten. Doch wie exakt sind diese Tabellen? Wie kommt man zu einer Deviationstabelle und was überhaupt bringt eine solche? Braucht man die wirklich?

Dieser Artikelserie geht auf alle Aspekte von Deviation und Deviationstabellen genauer ein und zeigen Erkenntnisse unserer Studie darüber, die in mehreren Jahren über Schifsskompasse und der Deviationen zusammengetragen wurden.

In Teil 1 werden die Grundlagen von Magnetismus und Kompass erläutert.

Über Magnetfelder

Jeder Magnetkompass, also auch der/die Schiffskompass(e) „messen“ das Magnetfeld und richten die Nadel nach den Feldlinien in magnetischer Nord-Südrichtung aus. Bei jedem Kompass ist das grundsätzlich das Erdmagnetfeld. Befinden sich mehrere „Magnetquellen“ in gegenseitiger Umgebung, so mischen sich diese Magnetfelder zu einem Ganzen. Ein Kompass kann somit nicht zwischen dem Erdmagnetfeld und anderen unterscheiden.

Magnetfelder gehen von allen Eisenteilen aus.[1. Das Magnetfeld der Erde geht vom Eisenkern der Erde aus.] Das ist zumindest das, was auf einem Schiff wichtig ist. Auf allen Schiffen gibt es jede Menge Eisen, daher hat jedes Schiff sein eigenes Magnetfeld. Deshalb zeigt ein Kompass auf einem Boot nicht direkt das Erdmagnetfeld, sondern die Richtung, die sich aus der Summe des Erd- und Schiffsmagnetfeldes ergeben.

Abb. 1: Boot ohne und mit Schiffsmagnetfeld.

Abb. 1 zeigt im Experiment wie sich das Schiffsmagnetfeld auswirkt. In der oberen Bildhälfte zeigt der Kompass das Erdmagnetfeld mit 118° an. In der unteren Bildhälfte wird ein Schiffsmagnetfeld simuliert (Der Verschluss der Schutzhülle des Mobiltelefons ist magnetisch.). Der Kompass zeigt nun 111° an, also um 7° falsch. Somit ergibt sich bei einem Kurs von 111° eine Deviation von 7°.

Nimmt man an, dass dieses Schiffsmagnetfeld konstant ist und man es theoretisch ein und ausschalten kann, könnte man eine Vergleichsmessung mit und ohne Schiffsmagnetfeld durchführen, die Ablenkung der Kompassnadel vom tatsächlichen Erdmagnetfeld feststellen und in einer Tabelle, die sog. Ablenkungs- oder Deviationstabelle, festhalten.

Das Schiffsmagnetfeld

Das Schiffsmagnetfeld hat, wie jedes Magnetfeld, einen Nord- und einen Südpol. Die Feldlinien „durchströmen“ das gesamte Schiff, so auch den Kompass und zwar vom Nordpol zum Südpol.

Nimmt man für einen Moment an, dass es kein Erdmagnetfeld gäbe, so würde der Schiffskompass immer an die selbe Stelle am Boot zeigen, zum Schiffsnordpol, egal in welche Richtung man fährt.

Die Feldlinien, entlang derer sich der Kompass ausrichtet, sind aber nicht überall gleich, sondern an jedem Ort auf dem Boot anders. Ändert man die Position des Kompasses, wird er anders abgelenkt. Umgekehrt bedeutet das, dass eine Deviationstabelle nur für einen ganz bestimmten Punkt am Boot gilt.

Abb. 2: Das Schiffsmagnetfeld ist ortsabhängig.

In Abb. 2 wurde die Position des Kompasses verändert, das Schiffsmagnetfeld wurde nicht verändert. In der oberen Bildhälfte liegt der Kompass an der Backbordseite und zeigt 339°. In der unteren Bildhälfte liegt der Kompass an der Steuerbordseite und zeigt 307°.[1. Die Vermessung des Schiffsmagnetfeldes auf einer echten Yacht ist der derzeit noch in Arbeit. Die Ergebnisse werde ich veröffentlichen, sobald ich sie ausgewertet habe.]

Das Schiffsmagnetfeld ist längerfristig betrachtet, d.h. im Laufe der Monate, nicht konstant. Die Ursache dafür ist, dass Eisen im Laufe der Zeit eine bestehende Magnetisierung verliert, bzw. umgekehrt durch ein von außen einwirkendes Feld magnetisiert wird. Auf diesem Prinzip basiert das Experiment des Nadelkompasses, das vermutlich jeder kennt.

Die meisten Yachten liegen im Winter mehrere Monate in unveränderter Position im Wasser oder auf einem Trockenliegeplatz, wodurch sich die Eisenteile im Boot nach dem Erdmagnetfeld ausrichten. Das Schiffsmagnetfeld bekommt dadurch tendenziell eine Nord-Süd-Richtung, genau so, wie der Liegeplatz zum Erdmagnetfeld ausgerichtet ist.

Abb. 3: Deviationskurve, S/Y Klementa.

Abb. 3 zeigt mehrere Deviationskurven der Segelyacht Klementa (Beneteau Cyclades 43.4), die zu verschiedenen Zeitpunkten im Laufe des Jahres 2016 erstellt wurden. Der erste Kurve vom 18.4. zeigt die größten Abweichungen. Es war die erste Woche, die die Yacht in dem Jahr bewegt wurde. An den anderen Kurven sieht man, wie mit Fortschreiten des Jahres die Abweichung (die Amplitude der Kurve) immer geringer wird.

Was ist eine Deviationstabelle?

Eine Deviationstabelle (auch Ablenkungstabelle) bzw. eine Deviationskurve enthält die Korrekturwerte, die man bei Schiffskompasskursen berücksichtigen muss, um die Messgenauigkeit und somit die Kursgenauigkeit zu verbessern.

Das weiß jede Schiffsführerin und jeder Schiffsführer, der einmal im Rahmen einer Ausbildung für einen Seefahrtschein die Grundlagen der Navigation gelernt hat.

Lies mehr dazu im nächsten Teil meiner Artikelserie zum Thema Deviation!


 


Bernhard Fischer

Internet and Security Engineer, Open Source Advocate, Software Engineer, Hacktivist, Blogger, Skipper, Sailor.

3 Kommentare

gunther Troost · 19. November 2023 um 07:58

Ist bei der Ermittlung der Deviation die Missweisung durch das Erdmagnetfeld mit eingerechnet. Genaugenommen müssen Bootsbedingte Missweisung im Wert von Maximum und Minimum gleich sein. Bei der ersten Kurve ist das in etwa so, bei der letzten ergibt sich eine Abweichung von (4,2-11,2)/2 = -7,5.

    Bernhard Fischer · 7. Februar 2024 um 14:14

    Hi Gunther!
    Ja ist sie. In dem ersten Diagramm (Handzeichnung) ist das die Zeile wo überall “+4” steht.

Schiffskompass und Deviation, Teil 2 - freeskippers.at · 24. September 2017 um 21:48

[…] Teil 1 dieser Artikelserie wurden einige Grundlagen über Magnetismus und die Ursache der Deviation […]

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