Seit langer Zeit habe ich vor endlich auch einmal einen Törnbericht zu schreiben. Bisher habe ich nie die Zeit dafür gefunden, oder mir zumindest nicht die Zeit genommen 😉
Seit langem führe ich Urlaubstörns mit verschiedensten Crews, hauptsächlich in Kroatien, bei denen immer wieder der eine oder die andere dabei ist, die gerne einmal “richtig” segeln würden. “Richtig” in diesem Zusammenhang bedeutet mit Wind von mehr als nur 4 Bft und auch weitere Distanzen. Meiner Beobachtung nach fährt der typische Kroatiensegler bei mehr als 4 Bft ohnehin in den nächsten Hafen, weil es sowieso “viel zu gefährlich ist” und bei Tagesetappen von mehr als 10 Seemeilen, … naja.
So ist also eine Gruppe von ambitionierten Seglerinnen und Seglern nach Süden aufgebrochen, um zwei Wochen lang die Ägäis zu erkunden, oder zumindest einen Teil davon. Das gemeinsam vereinbarte Ziel lautete 1000 Seemeilen, obwohl sich das, gleich vorweggenommen, nicht ganz ausgegangen ist. Insgesamt waren wir sieben Leute, also sechs mal Crew und Skipper (meine Wenigkeit), was ideal für das englische Wachrad war. Die Crewgröße war natürlich kein Zufall 😉
Angereist sind wir mittags am 19.7. nach Lavrion, um eine Bavaria 42, die Caramella, zu übernehmen. Ein 4-Kabinen-Schiff, 2 Heckkabinen, vorne eine Stockbettkabine und eine Bugkabine. Die Yacht konnten wir erst um 1730 Uhr übernehmen, da sie erst von der Kalimnos Marina überstellt werden musste, da die vorhergehende Crew sich offenbar im Zeitplan mächtig verschätzt hatte. Also konnten wir wenigstens vorab schon alle Einkäufe erledigen, die eine oder andere griechische Taverne heimsuchen und ein wenig im Park rasten.
Nach ausgiebiger Schiffseinweisung der Crew, dem Beziehen der Kojen und dem Einbunkern der Lebensmittel, ließen wir den Abend im Cockpit mit ein paar Dosen Mythos ausklingen — nicht ganz, denn um Mitternacht haben wir dann doch beschlossen auszulaufen, zumindest in die nächstgelegene Bucht — denn alle waren nach den beiden Anreisetagen schon sehr See-hungrig.[1. Der Flug ging bereits am Freitag, da es am Samstag keine günstigen Flüge gab.] Der Hafen von Lavrion ist nicht gerade ein idyllisches Plätzchen. Also haben wir um 0020 Uhr abgelegt und sind 4 Seemeilen nach Norden in die Bucht Thorikou gefahren, wo wir auf 6 m Wassertiefe geankert haben. Die Bucht war menschenleer, abgesehen von der riesigen “Kraftwerksidylle” nebenan.
Nach dem anstrengenden und langen Vortag haben wir am nächsten Tag etwas länger geschlafen und sind dann um 1010 Uhr in nördlicher Richtung aufgebrochen. Bei nördlichen Winden zwischen 3 und 4 Bft war es ein super Segeltag nachdem wir letztendlich um 2110 Uhr in der Bucht Kastro am südöstlichen Ende der Insel Evvia auf 6 m Wassertiefe ankerten. Die Bucht bietet nicht sonderlich viel Platz und es lagen schon zwei andere Yachten darin vor Anker, also mussten wir einen weniger idealen Platz wählen. Leichter Schwell stand in der Bucht und der Meltemi fiel auch zeitweise böig ein, worauf wir mit dem Dingi noch den Zweitanker ausbrachten. Der Hauptanker der Caramella war generell zu leicht, das uns in den kommenden Wochen (auch im Jahr danach) noch mühsame Ankermanöver bescherte. Diese Bucht ist ein günstiges Sprungbrett für die Passage der Kafireas Strait, in der es gerne sehr windig ist und dann auch noch eine nicht zu unterschätzende Strömung geben kann.
Am nächsten Tag beschlossen wir länger in der Bucht zu bleiben und erst nachmittags auszulaufen, um eine Nachtfahrt einzulegen. Untertags haben wir gefaulenzt und irgendwann zwischendurch habe ich begonnen die Bodenbretter im Schiffsrumpf abzuschrauben, da mich der muffelige Geruch im Schiff irritierte. Das Boot war voll mit fauligen Wasser, und die Nüstergatts waren teilweise nicht vorhanden (Bavaria…) und teilweise verstopft, sodass das Wasser nicht zur Bilge abfließen konnte. Wir haben alles gründlich gereinigt. Um 1551 Uhr sind wir dann aufgebrochen, durch die Straße von Kafireas und weiter in nordöstlicher Richtung. Anfangs bei 5 Bft NE-Wind und gerefften Segeln; 2030 Uhr Sonnenuntergang. Der Wind ließ etwas nach also haben wir um 2235 Uhr ausgerefft, aber nicht vollständig zur Sicherheit — habe ich mir angewöhnt in der Nacht lieber leicht gerefft zu fahren, da man weder Himmel noch Meer sehen kann und daher nicht genau weiß was auf einen unmittelbar zukommt.
Wir haben drei Wachen eingeteilt, nach dem englischen Wachrad: Armin + Gisi (20 — 24 Uhr), Petra + Düri (18 — 20, 4 — 8 Uhr) und Sigrid + Hase (Hundswache). So sind wir die Nacht durchgesegelt, um 0620 Uhr war Sonnenaufgang und um 0810 Uhr haben wir mit Buganker im Hauptort der Insel Psara nach 66 Seemeilen angelegt. Unmittelbar nach Sonnenaufgang rauschten wir die letzten 3 Meilen im flachen Wasser der Inselabdeckung mit Vollzeug und Halbwindkurs der Hafenbucht entgegen 🙂 Psara ist eine kleine Insel mitten in der nördlichen Ägäis. Außer uns war noch eine andere Yacht im Hafen. Eine herrlich abgelegene Insel 🙂 An der Hafenmauer gibt’s Strom und Wasser. Untertags haben wir nicht viel gemacht — gerastet, gebadet, den Inselort besichtigt.
Weiter geht’s am 23.7., abgelegt um 0930 Uhr, diesmal in nordwestlicher Richtung bei nordwestlichem Wind mit 4 Bft. Nach 27 Seemeilen um ca. 15 Uhr lässt uns der Wind dann leider im Stich — sehr ungewöhnlich für diese Jahreszeit. Wir motoren also weiter, der Wind kommt auch nicht wieder. Das Meer wird nach einiger Zeit sehr ruhig und wir erstellen uns eine Ablenkungstabelle. Die Ablenkung liegt zwischen -5 und +3 Grad. Abends um 2220 Uhr legen wir nach 70 Seemeilen im geschäftigen Linaria, Insel Skiros an.
Weiter geht’s am 24.7. um 1720 Uhr, vorerst in die 9 Seemeilen weiter östlich gelegene Bucht Fala, wo wir um 19 Uhr nocheinmal auf 4 m Wassertiefe ankern zum Abendessen.[1. An den genauen Grund für den eigenartigen Zwischenstopp kann ich mich nicht mehr erinnern.] Leider haben wir keinen Funkempfang in der Bucht und so gab es keinen aktuellen Wetterbericht. War allerdings nicht so schlimm, da beim Vorhergehenden für die NE-Ägäis “W/SW 4-5, no signifficant change” angesagt wurde. Anker auf um 2015 Uhr und unmittelbar darauf setzten wir Segel bei 3 Bft Südwind, 7/8 Bewölkung. Die aktuelle Wache haben Petra und Düri, kurz darauf um 2040 ist Sonnenuntergang und wir segeln an der Westküste von Skiros nach Norden. Um 24 Uhr ist Wachwechsel, Armin und Gisi sind an der Reihe. Bald darauf schläft der Wind beinahe ein. Ich hatte mich hingelegt, um ein bisschen zu schlafen und bin aufgewacht da Blöcke und Segel wegen der übriggebliebenen Dünung schlugen und ging ins Cockpit. Wir diskutierten, ob wir nicht den eisernen Matrosen anwerfen sollten. Wir entschieden uns dann einfach weiter in der Fast-Flaut umherzutümpeln. Es war herrlich ruhig und der Mond glitzerte im Wasser. Ich legte mich wieder hin. Um 0225 Uhr kam wieder Wind auf, 3 Bft West. Unser Yacht nahm wieder vernünftige Fahrt auf 🙂 Um 0400 Uhr, ziemlich genau auf halbem Weg zwischen der Insel Skiros und Agios Efstratios war Wachwechsel, Sigrid und Düri haben übernommen. 0615 Sonnenaufgang, um 0800 Wachwechsel, Team Petra und Düri ist wieder an der Reihe.
Um ca. 1015 ist das nördliche Ende von Agios Efstratios Steuerbord querab. 1 1/2 Stunden später werden wir von einem Schwarm Delfine begleitet, sie blieben mindestens 15 Minuten neben uns und es entstehen unzählige Delfinfotos 😉 Um 13 Uhr, in der nächsten Wache von Armin und Gisi schläft der Wind wieder beinahe ein, nach 80 gesegelten Meilen. Jetzt entscheiden wir uns die Maschine anzuwerfen. Nach insgesamt 100 Seemeilen ankern wir in der Freshwater Bay im Süden der Insel Limnos, wo wir ausgiebig baden und uns ein paar Cockpitbiere genehmigen. Der erste Wassertank ist nach dem Abwasch nach dem Abendessen leer. Zum Abendessen gab es ein kräftiges Erdäpfelgulasch mit Schafkäse, dazu Rotwein — ideal kombinierte österreichisch-griechische Küche 😉
Am Samstag, den 26.7. geht’s weiter. Alle sind ausgiebig ausgeruht, um 1250 Uhr lichten wir den Anker. Auf nach Lesbos! Bei 3 Bft Südwind setzen wir Segel. Um 1545 Uhr ensteht ein wenig Unruhe: Die Bodenbretter schwimmen an Backbord bei der Krängung auf. Alle Seeventile waren geschlossen. Trotzdem kontrollierten wir alle Möglichkeiten des Wassereintritts glücklicherweise ohne Erfolg, was soviel hieß wie dass das Wasser von innen kommen musste. Wir vermuteten, dass das Wasser aus dem “grünen Kühlschrankschlauch” (Ablauf) kam. Einige Zeit später hatten wir alles trocken gewischt. Die Wacheinteilung war Sigrid/Düri (12 – 16h, 20 – 24h), Petra/Düri (16 – 18h) und Armin/Gisi (18-20h), Um 2040 Uhr ging die Sonne unter. Leider schläft der Wind auch beinahe ein, so bergen wir um 2100 Uhr nach 40 Seemeilen die Segel und werfen die Maschine an. Lesbos kommt näher und um 2335 Uhr beginnen wir mit der Ansteuerung von Port Mithimna, mit dem herrlichen Anblick des im Scheinwerferlicht beleuchteten Kastells über der Stadt. Um genau 0000 Uhr liegen wir im kaum besuchten Hafen vor Buganker an.
Es ist Sonntag, der 27.7. und wir sind seit nun einer Woche unterwegs also starten wir eine große Putzaktion. Das ganze Schiff wir innerlich und äußerlich gründlich gesäubert.[1. In der Brückkladde habe ich folgendes notiert: “Nasszelle Bug, Nasszelle Heck, Salonpölster ausklopfen (ggf. Matratzen), Leintücher ausbeuteln, Boden aufkehren und mit Süßwasser feucht aufwischen, Schiff außen reinigen (Salzwasser, Spülmittel, Bürste), Wassertanks füllen, Küche und Herd reinigen, Kühlschrank auswischen, Bunkerkisten auswischen.”] Um 1530 Uhr legen wir ab. Heute Nordwest-Wind, 3 Bft. Die Winddrehung lässt vermuten, dass die vorübergehende Meltemi-Schwäche vorbei ist. Bei gemütlichen 3 Bft segeln wir in südwestlichen Richtung. Nach ca. zwei Stunden beginnt der Wind zu schwächeln und auf dem relativ ruhigen Meer begleitet uns wieder ein Schwarm Delfine. Um 2025 Uhr ankern wir in der schönen großen Bucht von Port Sigri/Lesbos. Dieser Ort ist einer der abgelegendsten, der mir jemals begegnet ist. Im Ort kann man auf einer engen Terasse mit Blick auf die Bucht herrlich und echt griechisch Abendessen und Retsina genießen. Der etwas in die Jahre gekommene Vater des Wirts zeigte uns den Entwurf eines Buches über die griechische Schiffsbaukunst, dass er selbst im Laufe der Jahre geschrieben hat. Alles handschriftlich und es enthielt liebevolle Skizzen von verschiedensten größeren und kleineren Booten und Schiffen in Holzbauweise. Am Montag haben wir nur den Tag in dieser abgelegenen Ecke Griechenlands genossen und sind abends in eine Bucht 4 Seemeilen weiter südliche gefahren. Geocaching. Der Cache hieß passenderweise “Where the road ends”. Der Wetterbericht von Olympia Radio verheißt untertags “Central Agean N 5, locally 6, increasing, Northeast Agean N/NE 4, locally 5”.
Lange genug waren wir auf Lesbos also geht’s am Dienstag, den 29.7. weiter. Olympia Radio: “Kafireas Street N/NE 6-7, Central Agean N 6-7, Northeast Agean NE 5-6, locally 7, slight increase of N winds expected”. Um 1035 Uhr lichten wir den Anker und setzen kurz darauf bei 6 Bft Nordwestwind die Segel und gehen auf südlichen Kurs. Der raume Wind bei dem Seegang ist sehr anspruchsvoll für den Rudergänger, insbesonders weil diese Baureihe der Bavarias ein sehr klein dimensioniertes Ruder hatte, dass das Schiff bei der geringsten Unachtsamkeit aus dem Ruder laufen ließ. Um 1400 Uhr legt der Wind etwas zu auf 7 Bft. Wir kommen gut voran und liegen um 1935 Uhr nach 55 Seemeilen im Hafen von Kardamilla im Nordosten der Insel Chios vor Buganker. Neben uns liegt eine 60 Fuß lange Eigenbaujacht eines Deutschen, der “irgendwie” zu Geld gekommen war und nun seit 20 Jahren um die Welt segelt. Er lud uns auf sein Schiff ein und wir konnten alles besichtigen und er erzählte uns einige seiner Abenteuer.
Mittwoch, 30.7. Leider müssen wir langsam an die Rückreise denken und sollten Lavrion wieder etwas näher kommen. Um 1500 Uhr lichten wir den Anker und verlassen Kardamilla und segeln im Norden von Chios westwärts. Olympia Radio: “Gale warning. Kafireas N 7-8, Central Agean N 7-8, Northeast Agean NE 7-8 increasing”. Die Kreuzsee im Norden der Insel durch die Reflexion der Wellen an der steilen Küste macht uns schwer zu schaffen. Nordwestlicher Wind mit 4 Bft, hart am Wind, unerwarteter Weise schwächelt der Wind dann so sehr, dass wir beinahe keine Fahrt aufgrund der Wellen mehr machen. Wir überdauern die Flaute, bei Delfinbegleitung und etwas Sprit für die Seele.
Um 1830 Uhr frischt der Wind wieder auf, Nord 6 Bft — yeahh — und wir bekommen endlich wieder gute Fahrt ins Schiff. Ursprünglich hatten wir geplant die Ägäis wieder vollständig zu queren und in Andros oder Evvia anzulegen. Die letzten 20 Meilen haben aber sehr an der Substanz der Crew gezehrt also beschlossen wir auf unserem erprobten “Sprungbrett” Psara einen Zwischenstopp zu machen. Um 2053 lagen wir wieder in Limin[1. “Limin” heißt “Hafen auf griechisch.] Psara vor Buganker. Im Hafen lagen noch zwei andere Boote die miteinander beinahe alle fünf verfügbaren Plätze brauchten, da sie Festmacherleinen kreuz und quer gespannt hatten. Zwischen den beiden Booten wäre problemlos Platz gewesen, bis auf die Leinen… Wir drehten zwei Runden im Hafenbecken und endlich bemerkten die beiden “Yachties”, dass da noch jemand anlegen möchte und sie entfernten die (unnötigen) Leinen. Wir waren ein gut eingespieltes Team und das Bugankermanöver war fix fertig vorbereitet also legten wir ruckzuck an; im rechten Winkel zur Mauer, Anker genau voraus — lehrbuchmäßig — 🙂 Das sorgte dann für einige Aufregung am italienischen Nachbarboot, die ihren Anker völlig schief drinnen hatten. Zugegeben waren im Hafen Fallböen von 20 – 25 Knoten etwas seitlich, also keine Anfängerbedingungen…trotzdem sein Problem und nicht unseres 😉
Die Backschaft sorgte noch für ein anständiges Abendessen und währenddessen kam es noch zu einer (für uns) höchst interessanten Diskussion mit den beiden Nachbarbooten. Die einen — die Italiener an Steuerbord mit dem verworfenen Anker — meinten, dass sie früh raus wollten. Nach kurzer Rücksprache stellte sich aber heraus, dass das kein Problem war, denn sie verstanden unter “früh” 9 Uhr morgens, wir aber 5 Uhr, also kurz vor Sonnenaufgang *g*. Und die andere Partie, an unserer Backbordseite meinte, dass man bei 8-9 Bft Windvorhersage prinzipiell nicht auslaufe. Nun ja, prinzipiell kein unberechtigter Einwand, aber: Stabile Hochdruck-Wetterlage, “nur” viel Wind (und damit auch Wellen), sonst nichts, keine Gewitter, Fronten, etc. Also warum nicht auslaufen? Es erwartet uns nichts unvorhergesehenes, außer viel Action.[1. Ich hoffe, dass sich das Vertrauen der Crew in ihren Skipper auch bestätigte, trotz Wind-Wellen-Action.]
31.7., um 0450 Uhr führte ich meine üblichen Checks durch; Motor, Bilge, etc. Am Vorabend noch entschieden wir ein anderes Wachrad einzuteilen, was soviel hieß wie dass nur die “hartgesottenen” an der Reihe waren und der Rest der Mannschaft schlafen durfte. Um ca. 0500 Uhr saßen Armin, Düri und ich da, bei einem kräftigen Kaffee. Es war noch stockdunkel und die Fallwinde im Hafenbecken waren unverändert. Auf den Nachbarbooten war offensichtlich noch Nachtruhe und im Ort war es auch noch völlig still, abgesehen vom Wind, der in den Wanten sang und durch schmale Gassen des Ortes pfiff. Allesamt hatten wir ein bisschen einen “verknitterten” Gesichtsausdruck. Der letzte Tag, also die Überfahrt von Chios, war unerwarteterweise überdurchschnittlich anstrengend, nachdem wir um 9 Uhr abends anlegten hatten wir doch noch ein, zwei Dosen Bier getrunken und das Schlafangebot in dieser Nacht war auch nicht gerade übermäßig. Um ungefähr zwei Uhr morgens war ich einmal an Deck, um die Lage zu sondieren. Alles ok. Wind unverändert (böig), alles ruhig. Noch zwei Stunden zu schafen :).
Der Wetterbericht von Olympia Radio sagte um 19 Uhr am 30.7. (zusammengefasst): “Gale warning. Northeast/central Agean & Kafireas Strait N/NE 7-8 Bft increasing.”. Um 0525 Uhr haben wir den Anker gelichtet und sind ausgelaufen und kurz darauf bei Nord, 4 Bft, die Segel gesetzt, Kurs Südwest. Um 0618 geht die Sonne auf und um 0915 habe ich “Nord 7 Bft” in die Brückenkladde eingetragen. Wir befinden uns mitten in der nördlichen Ägäis, weit und breit kein Land und der Windfetch beträgt über 120 Meilen. Seegang 5-6. Der Höhepunkt der Fahrt ist um ca. 1330 Uhr, Wind Nord 8-9 Bft, Seegang 6-7. Es war ein ziemlich harter Kampf, auf Halbwindkurs mit dem unterdimensionierten Ruder bei dem Seegang. Ein Frachtschiff kam uns entgegen, dass sich ziemlich bewegte und die Wellen darüber hinwegrollten. Die Sonne knallte herunter, das Meer bewegte sich heftig, sodass uns unsere Yacht wie eine Nussschale vorkam und der Wind war in Aktion wie es schon bei “Odysseus’ Irrfahrten” der Fall war. Um diese Zeit waren wir auch schon mitten in der berüchtigten Straße von Kafireas, wo aufgrund des Düseneffekts der Wind noch einmal zulegte und wir die Segel noch ein bisschen refften. Die See war so bewegt, dass große Passagierschiffe in der Abdeckung von Evvia pausierten, um einen günstigen Moment für die Passage Richtung Norden abwarteten. Ein netter Anblick. Die Riesen warteten und wir, mit unserem 42-Fuß-Spuckerl, segelten quer durch die Ägäis 🙂 Der Wetterbericht untertags verhieß für die entsprechenden Seegebiete 7-8 Bft, fallend.
Unser Ziel hieß Vourkari auf der Insel Kea, wo wir auch um 1725 Uhr vor Buganker lagen, nach 88 Seemeilen. Vourkari ist immer ein bisschen eine Herausforderung, denn egal wie der Wind weht, er kommt dort sicher immer von der Seite 😉 Am Sandstrand im Osten der Bucht aßen wir zu Abend in einer Taverne.
Am Freitag den 1.8. legen wir um 1415 Uhr ab. Sobald der Anker heroben war setzten wir Segel. Unser Ziel hieß Lavrion. Draußen gibt’s Nordwind, 7 Bft. Hart am Wind kreuzen wir auf, denn wir müssen die schmale Insel Makronissos, die Lavrion vorgelagert ist, nördlich umrunden. Das ganze mit ausreichend Sicherheitsabstand im Norden, denn dort gibt es ein unbeleuchtetes Riff, dass man bei diesem Seegang nicht sehen kann. Um 1955 Uhr hatten wir in Lavrion in einer Mooringbox angelegt.
Eigentlich wäre das unser letzter Segeltag gewesen :'(. Unser Rückflug ging erst am Sonntag also brauchten wir noch eine Übernachtung von Samstag auf Sonntag, weshalb ich Akis, den Stützpunktleiter, fragte, ob er eine verfügbare Yacht hätte, auf der wir die besagte Nacht verbringen könnten. Die hatte er auch, allerdings in der Alimos-Marina in Athen und nicht hier in Lavrion. Außerdem musste auch “unsere” Caramella dorthin überstellt werden. Also machten wir einen Deal aus: Wir überstellen das Boot nach Athen und bekommen dafür eine andere Yacht zum Übernachten 🙂 Am nächsten Tag ging’s also wieder los, um 1005 Uhr nach Süden, umrundeten das Kap Sounion westwärts und dann nördlich Richtung Athen. Der Wind war auch wieder in Aktion, Nord 7+. Um 1510 lagen wir dann in der Marina. Während wir die letzten Biere aus dem Kühlschrank leerten wurden wir belohnt als Zeugen eines angesagten “Mooring-in-den-Propeller”-Manövers.
Endbilanz: 635 Seemeilen, davon 436 unter Segel. Es war ein sehr abwechslungsreicher Törn. Mit dem Wetter hatten wir super Glück, denn ohne die südlichen Winde in der ersten Hälfte wären wir mit dieser Bavaria nicht soweit nach Norden gekommen.
Author: Bernhard R. Fischer
Fotos: Daniel Haslinger[1. Von der Überfahrt von Psara nach Kea gibt es leider keine Fotos, da die Spiegelreflexkamera zur Sicherheit unter Deck blieb.]
0 Kommentare